Wir
alle sind genervt von Corona, dem Virus, das uns seit einem Jahr nun schwer beeinträchtigt. Viele von uns beklagen das Versagen der EU Kommission beim Impfstoffeinkauf, die Shut Down
Verlängerungsorgie der ihre Allmacht genießenden Ministerpräsidenten, die Spaltung der Gesellschaft durch die Verschwörungstheoretiker und vor allem die Zerstörung von so vielen wirtschaftlichen
Existenzen. Die angekündigte Bazooka und der Wumms und das vollmundige „wir retten jeden Arbeitsplatz“ stellen sich leider als großspurige Versprechen heraus, die in der Umsetzung nicht gehalten
werden!
So wie ich immer meine Meinung ganz offen sage und schreibe, und dabei nicht davon ausgehe, dass ich immer richtig liege, oder gar sie von allen geteilt wird, will ich auch diesmal ganz offen mit
Euch allen über die Situation in Tansania reden bzw. schreiben. Am Anfang steht etwas unglaublich Positives: Während alle Hilfsorganisationen in Deutschland über starke Rückgänge bei den Spenden
berichten, hat Euch Corona nicht gehindert, an unsere Ärmsten in Afrika zu denken und ihnen unverbrüchlich die Treue zu halten! Mit euren großartigen Spenden konnten wir alle laufenden Projekte
abschließen und haben auch den Haushalt für das laufende Jahr sichern können. Asante Sana und ein Herzliches Vergelts Gott auch von Bruder Markus!
Ihm möchte ich die ersten Zeilen widmen! Am 21. Oktober hat er seinen 75. Geburtstag gefeiert. Gottseidank gesund und voller Schaffenskraft wie ein 60-Jähriger. Aber durch Corona einsam und ohne
Gäste. Ich war seit Februar der erste des Jahres, der im September/Oktober drei Wochen in Kilimahewa war, und auch ich aus Vorsichtsgründen allein. Wir haben wundervoll zusammen gearbeitet, alle
Budgets für das neue Jahr festgelegt, waren in allen Einrichtungen vor Ort, beim Erzbischof, bei der Generaloberin. Ich kann Markus nur bewundern, wie er nimmermüde alle Enttäuschungen wegsteckt,
nie aufgibt, alles weiß und jeden kennt, auch die Kraft hat Nein zu sagen und kann Gott nur bitten, dass er ihm noch viele Jahre die Kraft gibt so segensreich zu wirken.
Zum
ehrlich sein gehört auch Euch von meinen Misserfolgen zu erzählen. Wir trafen eine Frauengruppe, alle an AIDS erkrankt, alle von den Männern verlassen, aus dem Dorf ausgestoßen, mit vielen
Kindern, um die sie sich trotz ihrer totalen Armut kümmern. Sie hatten einen Plan. Die Regierung hatte ihnen eine Futtermischmaschine geschenkt und sie wollten eine Hühnerfutterproduktion
aufbauen. Brauchten dafür 3 Millionen Tansanische Schilling, 1200 Euro. Markus und ich haben intensiv geprüft, ob sie etwas von Hühnerzucht und Futter verstehen. Als sie uns darlegten, dass sie
für Junghennen, die nicht Eier legen, Eier legende Hennen und Küken drei verschiedene Mischungen produzieren werden und auch die Inhaltsstoffe kannten, haben wir ihnen die 3 Millionen gegeben.
Ihre Tränen haben uns sehr berührt.
Drei Wochen später Kontrolle und die bittere Wahrheit: Maschine gehört ihnen gar nicht, sondern dubioser NGO ohne Vertrag, sie hatten bereits einen Regierungskredit über 3 Millionen aufgenommen,
der im April zurückgezahlt werden muss, sie haben unsere 3 Millionen nur zum Teil zum Materialeinkauf verwendet, den Rest für ihre Kinder, die Maschine war nie gelaufen. OK. Totalschaden. Aus
Ende vorbei! Meine erste Reaktion war eine geschäftliche, deutsche. Aber dann geht ihre Sprecherin ins Gefängnis, weil die Regierung keine Gnade kennt, wenn der Kredit nicht zurückgezahlt wird.
Und wollten wir nicht immer den Ärmsten helfen?
Sie können nicht wirtschaften, schon gar nicht produzieren. Sie wollen nur ein Einkommen, um ihre Kinder durchzubringen. Sie verstehen viel von Hühnerzucht. Also habe ich mit Beratung durch
Markus entschieden, wir zahlen ihre Schulden und wir bauen für sie eine Hühnerfarm. Das Ganze kontrolliert durch einen Assistenten, den wir eingestellt haben. Und nur er gibt das Geld aus und
schickt uns lückenlose Belege. Am Ende wird es doch noch eine Hilfe zur Selbsthilfe. Aber wenn ich Kritik von euch höre und bitte schreibt mir ganz offen, dann zahle ich das natürlich privat und
nicht von euren Spenden!
Ansonsten haben wir nur Positives zu berichten.
Die 6 besten Kindergartenkinder haben ein Stipendium für unsere neue Grundschule bekommen
Mit
großer Freude kann ich euch berichten, dass unsere neue Erste Hilfe Station in Bupu in Betrieb gegangen ist. Bupu wurde vor ein paar Jahren nach Plänen von unserem Architekt Ott analog zum
Hospital in Kilimahewa gebaut und durch den Kilimahewa Hilfsverein und Bruder Markus finanziert. Dann standen die neuen Gebäude leer, weil die Oberin des Dada Wadogo Ordens gewechselt hatte und
die neue andere Projekte bevorzugte. Das hat mich umgetrieben. Genau das darf niemals passieren, dass Spendengelder so enden! Ich habe zuerst mit der Oberin korrespondiert, ohne Erfolg. Mit
Markus will sie auch nix zu tun haben. Unser Besuch beim Erzbischof hat dann doch ihre Türen geöffnet. Markus und ich haben sie dann zweimal getroffen und erreicht, dass sie Bupu mit drei
Schwestern bestücken will, wenn wir das Defizit übernehmen.
Und plötzlich wurde alles ganz easy und das ging so: Bei meinem Besuch in ihrem Hauptquartier mit riesiger Landwirtschaft zeigte sie mir ihren Schweinestall. Ich komme ja aus einer Bauernfamilie
und da macht mir niemand was vor. Freudestrahlend zeigte sie mir ihren Räucherofen und meinte, sie würden demnächst schlachten und dann das Fleisch hier räuchern, so wie sie es in der Schweiz
gesehen habe. „Frisches Fleisch?“ fragte ich entsetzt. Und nachdem ich verzweifelt eine englische Übersetzung für „Einsuren“ bzw Pökeln gesucht hatte, fertigte ich ihr eine englische Anleitung
an, wie man niederbayerisches Schwarzgeräuchertes mit speziellen Gewürzen in einem Fass zwei Wochen einsurt bzw. pökelt und dann erst in den Rauchfang hängt. Seitdem sind wir beste Freunde und
sie schreibt mir jeden Tag auf WhatsApp. Bupu ist seit November in Betrieb und wir konnten sie mit einem Stromgenerator, einer Sterilisierungsmaschine und einer Waschmaschine unterstützen.
Was bin ich froh! Niemals, niemals dürfen unsere Spendengelder irgendwo versanden. Genau deshalb bin ich jedes Jahr vor Ort, schreibe ich diese ehrlichen Newsletter, bin ich so froh über die
tiefe Freundschaft und umfassende Kommunikation mit Markus: Bei uns legen wir direkte Rechenschaft über jeden Cent ab, gibt es keine Verwaltungsausgaben und unser höchstes Gut ist Euer
Vertrauen!
Jetzt
noch etwas sehr Erfreuliches: Unser Großprojekt, die St. Gertrud Pre&Primary School in Kilimahewa hat trotz Corona 45 neue Schüler aufnehmen können und hat jetzt 4 Klassen. Am besten zitiere
ich Br. Markus, der mir geschrieben hat:
So haben wir uns letzte Woche entschieden, dass wir das leidige Stromproblem in der Schule beheben wollen. Die staatliche Stromversorgung ist leider sehr unzuverlässig und fällt oft täglich
mehrere Stunden aus. Wir haben jetzt einen Dieselgenerator angeschafft, damit wir bei Stromausfall umschalten können und vor allem in der Nacht in unserem Internat Strom haben, damit die Kinder
nicht in Panik kommen. Aber ansonsten läuft es in unserer Schule sehr gut, auch dank der afrikanischen Benediktiner Schwestern, welche die Leitung der Schule übernommen haben. Sr. Rita, die
Direktorin (hat in Amerika studiert) hat alles im Griff. Da schaue ich nur gelegentlich mal wieder vorbei und erfreue mich an der tollen Stimmung, die dort in der Schule herrscht. Natürlich hat
die Schwester immer wieder mal Bitten um Verbesserungen, und laufende Ausgaben wie Schulbücher, Schulhefte, Schuluniformen, das tägliche Essen für die Schüler etc. welche wir dank der
Unterstützung aus Deutschland auch erfüllen können. Bei voller Schülerzahl soll die Schule dann selbständig werden. Momentan sind es 4 Klassen die in unserer Schule begonnen haben und jedes Jahr
kommt eine weitere Klasse dazu. In drei Jahren werden es dann 320 Schüler sein, wovon etwa 200 im Internat wohnen und etwa 120 Tagesschüler sind. Nach unserem Motto: “Ausbildung ist der Schlüssel
zum Leben.”
Nun
zum Schluss noch die politische Lage und Corona. Leider ist der wiedergewählte Präsident Magufulli nun weltweit der letzte Corona Leugner. Er erklärt Tansania Corona frei, verbietet über Corona
zu schreiben, gibt seit April keine Zahlen mehr bekannt und verbietet die Einfuhr von Impfstoffen. Die Leute sollen beten und Kräuter inhalieren. Fakt ist, dass Tansania bei der ersten Welle
glimpflich davongekommen ist, warum auch immer. Fakt ist aber leider auch, dass Corona zurück ist im Land und sich nichts um die Verbote des Präsidenten schert. Gottseidank hat nun der erste
Erzbischof den Mund aufgemacht und von der Kanzel verkündet: Corona is back in Tanzania! Be very very careful! Normalerweise verzeichneten seine Pfarreien alle vierzehn Tage eine Beerdigung. Nun
fänden jeden Tag Beerdigungen statt!!
Dem hat sich letzte Woche ein evangelischer Bischof angeschlossen, der laut gerufen hat „Du sollst deinen Herrn und Gott nicht versuchen!“ Gebete gegen Corona seien nicht ausreichend für den
Schutz der Menschen. Gottseidank fürchten die Bischöfe nicht inhaftiert zu werden. Nur sie können den Präsidenten zum Einlenken bringen.
Auch unsere Schwesternorden berichten von gestorbenen Priestern und Schwestern. Unsere Krankenhausleiterin Imakulata hat vorgestern folgenden Hilferuf geschickt: Dear Franz, Though the Government
does not show the reality about the effect of corona in Tanzania, to be honesty the situation is not good. It seems to have more deaths than before. I’m worried about our staff who are
receiving different patients. It’s true we are in need of masks and gloves which are more expensive in this time. If it is possible please help us. Wir haben heute 3.500 Euro geschickt um
Schutzmaterial für alle unseren Angestellten in Kilimahewa zu kaufen.
Nun wünsche ich euch allen, auch im Namen von Bruder Markus:
Bleibts gsund!
ASANTE SANA
Franz Hirtreiter
PS.: Wir haben unseren wunderbaren Kirchenchor in Kilimahewa auf einer CD verwewigt. Sie ist im Shop für 10 Euro bestellbar.