Liebe Freunde und Förderer unserer Projekte in Tansania!
Nach
fünf anstrengenden aber sehr erfüllenden Wochen bin ich wieder zurück in der Heimat. Natürlich drängt es mich, euch zu berichten vom Stand unserer Projekte und meinen Erlebnissen. Diesmal war ich
drei Wochen vor Ort, um alle Budgets für das nächste Jahr zu verhandeln mit Bruder Markus und den Verantwortlichen vor Ort. Dann kamen meine Frau und drei Freunde aus der Heimat nach, die unsere neue
Dispensary in Kisegese bezahlt haben. Wir feierten zusammen ein Dorffest, das wir nie vergessen werden. Dann gingen Mareen und ich auf eine 3.000 Kilometer lange Rundreise, die uns von Dar Es Salaam
nach Ndanda führte, der Abtei in der Markus beheimatet ist. Von dort ging es entlang der Grenze zu Mosambik nach Westen bis zum Malawi See. Von dort nach Norden in die Berge zur Abtei Imiliwaha, wo
unsere Benediktiner Schulschwestern in Kilimahewa und Bagamoyo beheimatet sind. Über Dodoma, der neuen Hauptstadt ging es zurück nach Dar Es Salaam.
Ziel der langen Reise war, die Hauptquartiere der christlichen Orden zu besuchen, die im Wesentlichen unsere Projekte durchführen. Das sind die Franziskanerschwestern in Dar Es Salaam, die
Benediktinermönche in Ndanda und die Benediktiner Schwestern in Imiliwaha. Viele Bitten um erweiterte Hilfe wurden an uns herangetragen. Wir mussten vielfach erklären, dass der Krieg in Europa zu
nachlassendem Spendenaufkommen führt und wir deshalb nur sehr begrenzt neue Projekte finanzieren können. Andererseits ist Kilimahewa nach 30 Jahren jetzt aufgebaut und bedarf nur noch
Ersatzinvestitionen. Deshalb lag der Schwerpunkt unserer Arbeit dieses Jahr im Nachbardorf (zwei Autostunden entfernt) Kisegese. Dort ist noch viel zu tun, ebenso in Bupu. Dennoch haben wir für
2023 Projekte in Dodoma und Imiliwaha im Auge.
In
Kilimahewa Nachhaltigkeit erreichen
15 Jahre hat Bruder Markus nun die Arbeit der Gründerväter Bruder Thomas, Pater Beda, Pater Helmut und Bruder Albert fortgeführt und in Kilimahewa eine Missionsstation errichtet wie es im Busch
keine zweite gibt. Mit seinen 77 Jahren ist er weiter voll engagiert und leitet alle Betriebe dort. Wir haben allerdings vereinbart, dass er für die neuen Aktivitäten in Kisegese und Dodoma von
Anfang an nicht mehr zuständig sein wird, sondern wir dafür eine neue Verantwortungsebene aufbauen.
Größtes Projekt in Kilimahewa ist der Bau einer neuen Schreinerei mit dem Ersatz der 40 Jahre alten Maschinen. Architekt Ott half bei der Beschaffung in Tirol und plante die neue Halle. Markus
erreichte die Finanzierungszusage bei seinem „Heimatförderer“ Walter Winkler. Jetzt geht es um die Verschiffung der schweren Maschinen. Um nur eine Zahl zu nennen: Die Spedition verlangt für den
Seetransport 30.000 Euro bei Gesamtprojektkosten von 163.000 Euro! Wann das Schiff ankommt, kann uns niemand sagen.
Fertiggestellt haben wir dank Gudrun Baader den neuen Kindergarten für die St. Gertrud Pre&Primary School. Der Gebäudeaufbau ist damit abgeschlossen und die Schule mit 200 Kindern im Internat und 80 Tagesschülern schon fast ausgebucht. Erfreulicherweise wurden damit erstmals schwarze Zahlen erreicht. Wir beschränken unsere Hilfe auf die Übernahme von 25 Schulgebühren für Kinder aus armen Familien. Die Schulgebühr von 700 Euro im Jahr (Internat) können sich nur reiche Eltern, meist aus Dar Es Salaam, leisten. Dadurch, dass wir für 25 Stipendien aufkommen, stammen 10 Prozent der Kinder aus armen Familien. Das hilft den Armen und tut auch den reichen Kindern gut!
Wir
zahlen dafür 15.000 Euro. Im Krankenhaus bauen wir eine neue Maternity, Hebammenstation. Bei 1.000 Geburten im Jahr dringend notwendig. In die alte zieht nach Renovierung unser Röntgengerät um und
unser Ultraschall. Wir zahlen das Defizit des Krankenhauses in Höhe von 18.000 Euro.
In den drei Kindergärten Kilimahewa, Kimanzichana und Mwarusembe haben wir 400 Kinder. Für 175 übernimmt die Future for Children gemeinnützige GmbH das Schulgeld, weil die Eltern es nicht leisten
könnten. Wir zahlen das Defizit der drei Kindergärten in Höhe von 25.000 Euro und 5.000 Euro für die Armenspeisung.
Ein Dorf
bricht auf: Kisegese hat eine Zukunft
Die
erste Gründung von Kisegese in den 1970er Jahren endete in einem Massaker. Ein Löwenrudel im Blutrausch fiel in Kisegese ein und tötete nach Überlieferung 19 Dorfbewohner. Alle rannten in alle
Richtungen. Das war das Ende von Kisegese. 20 Jahre später trauten sich die ersten Siedler zurück. 2020 hatte das Dorf 3.600 Einwohner, aber keine Erste Hilfe Station, keinen Brunnen, keinen
Kindergarten und keine Strasse. Ein von der Regierung vergessenes Dorf. 2021 kam unser Kirchenbau und gab den Startschuss für eine einmalig schnelle Entwicklung. Aus dem Kirchturm sprudelt
frisches Wasser für alle Dorfbewohner. Neben dem Kirchplatz entstand der Kindergarten, finanziert durch die Landshuter Pöschl Familienstiftung. Drei Tage nach Inbetriebnahme war er mit 124
Kindern schon überfüllt.
Weil wir so große Spender gefunden hatten, konnten wir weitermachen. Die staatliche Schule hatte 420 Kinder in zwei (!) Klassenräumen und 7 Lehrer wohnten in einem heruntergekommenen Lehrerhaus. Korrigiert wurde im Freien, ein Lehrerzimmer gab es nicht. Walter Kohlbauer mit seiner AGS Engineering aus Aurolzmünster in Österreich und Karl Wißpeinter mit seiner Micro-Epsilon Messtechnik aus Ortenburg in Bayern halfen und finanzierten zwei neue Klassenzimmer, ein neues Lehrerwohnhaus, ein Lehrerzimmer und die Renovierung der alten Gebäude.
Mit unseren Mitteln aller Spender konnten wir eine neue Strasse bauen und Kisegese erschließen. Zwei Wochen Bulldozer und Greter Arbeiten kosteten uns mit zwei Brücken-Verrohrungen insgesamt 50.000 Euro. Ein durchschlagender Erfolg: Zwei Wochen nach dem Strassenbau entstand eine Buslinie Kisegese-Dar Es Salaam! Ein Unternehmer aus Kimanzichana baute ein Wirtshaus mit Bar und ein kleiner Tante Emma Laden entstand.
Die
Dorfbewohner kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Am 8. Oktober weihte der Abt von Ndanda, mein Freund Christian Temu OSB, den Kindergarten, die Schule und die Dispensary. 2.000 Menschen feierten
mit uns ein Dorffest, das uns für immer in Erinnerung bleiben wird.
Ich habe nie vorher 300 Kilogramm Reis gesehen auf einer Plastikplane, in dem 4 Kühe, 10 Ziegen und 100 Hühner verarbeitet sind. Essen hat im Busch eine unglaubliche Bedeutung, arbeiten doch hier
die Menschen den ganzen Tag nur, um die Familie ernähren zu können. Die Dorfbewohner aßen von 12 bis 19 Uhr ohne Pause, dann war nichts mehr da. Dabei sangen und tanzten sie den ganzen Tag und
Massai, Sukuma, Makonde und Chagga feuerten sich gegenseitig zu wilderen Tänzen an. Nicht für Touristen, die gibt es im Busch nicht. Nur für sie selber und das war einfach großartig!
3000
Kilometer auf Land- und Lehmstrassen rund um Tansania
In Dar Es Salaam wurden wir von der Generaloberin Sr Doreen wie jedes Jahr herzlich empfangen. Wir verhandelten das neue Budget für das Krankenhaus Kilimahewa, das Budget für die Dispensary in
Bupu (wir zahlen das Defizit mit 10.000 Euro und Investitionen mit 12.000 Euro). Den Neubau eines Kindergartens in Dodoma mussten wir ablehnen, dafür reichen unsere Mittel nicht
Dann ging
es mit Bruder Markus in seine Heimatabtei nach Ndanda zu Abt Christian. Die 130 Jahre alte Abtei, gegründet in der Kaiserzeit in Deutsch Ostafrika, beherbergt das zweitbeste Krankenhaus Tansanias,
nach dem Aga Kahn Hospital in Dar Es Salaam. Der deutsche Chefarzt Dr. Jesaja Sienz führt es zusammen mit dem Verwaltungschef Prior Fr Damian. Wir waren erstaunt eine Frühchenstation und eine
Dialysestation zu besichtigen. Sehr erfreulich: Das frühere Lepra Krankenhaus ausserhalb von Ndanda ist jetzt eine Secondary School für Jungen, da es keine Lepra Kranken mehr gibt. 500 Seminaristen
wohnen jetzt hier aus allen Landesteilen vom Kilimandscharo bis zum Malawi See. Das liegt am exzellenten Ruf der Abteischule.
Die zwei Tage in Ndanda reichten für eine Besichtigung der Missionsdruckerei, die Bruder Markus aufgebaut und jetzt an Bruder Laurenti weitergegeben hat. Daneben gibt es jede Art von Werkstätten,
Lehrlingsausbildung, ein Wasserkraftwerk, eine Mineralwasserproduktion und ein Tagungszentrum. Ich beneide den jungen Abt nicht um seine Aufgabe, die Abtei zu reformieren und zukunftsfähig zu
machen. Gelungen ist aber der Übergang von den weissen Missionaren aus Schweiklberg zu schwarzen Missionaren. Über 100 Fratres und Brüder leben jetzt hier, davon nur noch drei Weisse.
Das Herzensanliegen von Abt Christian liegt in der neuen Hauptstadt Dodoma. Dort hat die Abtei Ndanda ein riesiges Grundstück erworben. Wir haben dort einen Tiefbrunnen bezahlt. Jetzt soll als erstes eine Secondary School für Jungen gebaut werden („Weil alle hier Mädchenschulen bauen, keiner eine Jungenschule“). Für den ersten Bauabschnitt werden dringend Spender gesucht. Wir werden nach Kräften dabei helfen.
Einmal im Leben wollten meine Frau und ich am Malawi See stehen, entdeckt von David Livingstone 1859 und seitdem nur selten von Weissen besucht. Wir reden mit den Fischern, beglücken spielende Kinder mit Lutschern und sind beeindruckt vom neuntgrößten See der Erde. Dann geht es 500 Kilometer nach Norden in die Berge nach Imiliwaha.
Sister Rita, unsere Schuldirektorin in Kilimahewa, hatte uns vorgewarnt: 6 Grad Temperatur und keine Heizung in der Nacht. Die zwei Nächte in der eiskalten Klosterzelle wurden mit vier Lagen Wolldecken und der herzerwärmenden Gastfreundschaft der Benediktiner Schwestern überstanden. 420 Schwestern zählt der Orden und gnadenlos wurden wir in den Tagesrhythmus eingebunden: 5 Uhr Aufstehen und Morgengebet. Dann Gottesdienst, dann Frühstück. Dann wird 10 Stunden gearbeitet. Entweder in der Landwirtschaft, oder in den Schulen oder dem Krankenhaus. Der Tag schließt nach dem Abendessen mit dem ausführlichen Abendgebet. Für mich wär das nix. Aber die tiefe Frömmigkeit, die pure Dankbarkeit beeindrucken sehr. Die Schwestern erbitten Hilfe bei Gott. Dafür beten sie jeden Tag. Dann kommt dieser Weisse aus Deutschland und bringt Hilfe. Er kann nur von Gott gesandt sein.
Es ist
lange her, dass ich geweint habe. Aber was sie uns dann zeigen, wirft mich und meine Frau Mareen fast um: Ein Waisenhaus für 1-5 jährige Kinder, 25 an der Zahl. Sie müssen ohne die Liebe der Eltern
aufwachsen. Der sechs Monate alte „Gift“ (Geschenk haben ihn die Schwestern getauft) war von seiner unbekannten Mutter im Wald ausgesetzt worden. Er hatte nur noch wenige Stunden zu leben, als ihn
jemand fand und zu den Schwestern brachte. Das noch jüngere Baby neben ihm wurde auf einem Markt ausgesetzt. Oh mein Gott! Und dabei reicht das Geld ja nicht einmal für die Schwestern selbst.
Generaloberin Sr Nivaldina berichtet mit Tränen in den Augen, dass die Schwestern, die alt geworden nach lebenslanger Arbeit in den Konvent zurückkehren, in einem Gebäude leben müssen in dem es nur
im Gang eine Toilette gibt und keine Einzelzimmer.
Dabei kann ich ihr beim besten Willen nicht helfen. Unsere Satzung der Future for Children lässt uns kein Altenheim fördern. Aber wir bieten an, uns ab sofort um das Waisenhaus zu kümmern. Dort gibt es Null Einnahmen, nur Kosten und es reicht nur für das Nötigste. Es gibt keinen Spielplatz, nicht die passende Kleidung, zu wenig Betreuer. Die Future for Children wird dieses Waisenhaus künftig finanzieren und ich bin ganz sicher, dass ihr mir, liebe Leser dabei helfen werdet. Geben wir den Kindern, die ohne liebenden Eltern aufwachsen müssen eine Chance. Ich möchte ihnen als Weihnachtsgeschenk einen Spielplatz schenken!
Damit wird die Oberin von Kosten entlastet und kann das Geld in ein Altenheim für ihre Schwestern im letzten Lebensabschnitt stecken. Klar reicht das noch nicht. Aber als Bauernsohn kommt mir nach Begutachtung der großen Farm ein anderer Gedanke: Was, wenn es gelänge Wasser zu finden, um die Teeplantagen zu bewässern? „Dann könnten wir dreimal im Jahr die Blätter abzupfen statt einmal“ sagt Schwester Niva. Der Markt wäre da, nur das Wasser nicht. Ich nehme mir vor nach einem Brunnenspender zu suchen. Damit könnten wir einen Riesenschritt in der Entwicklung der Abtei machen.
Herzlichen
Dank an Euch alle: Wir machen weiter in schwieriger Zeit
Asante Sana an Euch alle! Ich weiß, dass viele Familien jetzt andere Sorgen haben, als Afrika zu helfen. Dafür habe ich großes Verständnis. Aber alle diejenigen, die es sich noch leisten können
ein goldenes Herz zu haben, bitte ich um Unterstützung für unsere alten und neuen Projekte. Der Reispreis hat sich vervierfacht und der Dieselpreis verdoppelt. Für Afrikaner ist das noch viel
schlimmer als für uns Deutsche. Beten wir, dass Putin bald gestoppt wird und dass der brutale Krieg nicht noch weiter eskaliert. Ich wünsche euch allen Gesundheit und eine gesegnete Adventszeit.
Wie immer freue ich mich über Kommentare: franz.hirtreiter@futureforchildren-bayern.de
Franz Hirtreiter sen.
Future for Children gemeinnützige GmbH