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aus vier Wochen Aufenthalt in Tansania drängt es mich, euch zu berichten. Es war mein vierter Herbst in Kilimahewa und der berührendste. Nie zuvor habe ich so krasse Fälle von Not gesehen. Eine
Mutter, die nicht gebären kann, wird heimgeschickt zum Sterben, weil sie kein Geld für einen Kaiserschnitt hat. Nur noch 40 % der Eltern können die Schulgebühren in unserer St. Gertrude Schule
bezahlen. So viele arme Ältere, die keine Bettdecke haben und keine Schuhe. Der Behinderte, der sich auf dem Boden Zentimeter für Zentimeter aus seinem Verschlag schiebt und uns als Gesandten
Gottes sieht, als wir ihm das Geld für einen Rollstuhl überreichen.
Corona hat Tansania mit voller Wucht getroffen. Der Präsident als Corona Leugner ist an Covid verstorben. Seine Nachfolgerin möchte impfen, aber erst 0,6 % der Bevölkerung sind jetzt geimpft. Für
die Massenimpfung fehlen die Dosen, aber auch die Irrlehren des verstorbenen Magufuli verhindern bei vielen, dass sie sich impfen lassen. Ein Teufelskreis. Damit bleibt Tansania
Hochinzidenzgebiet, keine Safaris, keine Touristen, keine Einnahmen. Und in den Krankenhäusern heißt es weiterhin Geld oder Tod. Niemand hat eine Krankenversicherung.
Berührend aber auch die Momente des Glücks in unseren Betrieben. 400 Kinder in unseren drei Kindergärten jauchzen vor Freude über unsere Matchbox Autos, Luftballons und Lutscher. Keines hat jemals ein Spielzeugauto besessen. Sie sind übrigens schneller an 400 verteilt, als sie in Dar Es Salaam durch den Zoll gebracht waren. Erst als ich der grimmigen Zöllnerin eine Handvoll Autos und Luftballons in ihre Uniformjacke gestopft hatte, durfte ich passieren. Unglaublich was die Kinder hier schon alles im Kindergarten lernen. Lesen und Schreiben, Tanzen und Singen, die Stunden im Kindergarten sind das Paradies für die Kleinen, auch weil sie mittags den Uji, den Maisbrei, angerührt mit Zucker und Milchpulver, bekommen. Für die meisten ist es die erste Mahlzeit des Tages. Und dann die Freude über den neuen (15 Jahre alten aber gut erhaltenen) Schulbus. Viele waren drei Stunden zu Fuß zum Kindergarten unterwegs und drei Stunden wieder zurück. Und dennoch sind sie alle gekommen. Wir bezahlen das Defizit von ca. 20.000 Euro und den Schulbus mit 21.000 Euro.
Beim Zoll wars schwierig mit 450 gebrauchten Matchbox Autos. Aber für die Kleinen der wertvollste Besitz.
Im Krankenhaus in Kilimahewa sind unsere zwei neuen Wärmebettchen schon voll ausgelastet und retten das Leben der Frühchen. Jetzt verlangt die Regierung ein separates TBC Gebäude. TBC ist häufig die Vorstufe der AIDS Erkrankung und deshalb gibt es so viele Fälle. Wir verhandeln hart mit zwei Firmen und können uns auf 15.000 Euro einigen. Ansonsten ist unsere Klinik gut ausgerüstet. Schwester Imakulata klagt nur über die Zahlungsunfähigkeit vieler Patienten. Immer mehr kommen vom staatlichen Bezirkskrankenhaus in Mkuranga. Dort werden sie rigoros weggeschickt, wenn sie kein Geld haben und klopfen in ihrer Not dann bei uns an. Wir geben Sr. Imakulata einen Nothilfeetat um Leben retten zu können. Das Defizit übernehmen wir mit ca. 15.000 Euro.
Die reine Freude ist die St. Gertrude Pre&Primary School, die im Januar in ihr drittes Schuljahr geht. Schon jetzt haben wir 169 Schüler, davon 127 im Internat, das maximal 205 aufnehmen kann. Stolz zeigt uns die Direktorin Sr Rita eine Urkunde. Von 137 Schulen im Distrikt Mkuranga ist unsere die Nummer Eins im Ranking der Eltern! Und jetzt endlich die kirchliche Einweihung, nachdem Corona das bisher verhindert hat. Der neue Abt Christian der Abtei Ndanda, zu der Bruder Markus gehört, ist gekommen und zelebriert den Gottesdienst, segnet die Gebäude und hält eine eindrucksvolle Predigt, die ich so noch von keinem katholischen Bischof in Deutschland gehört habe: Seine Nichte geht in eine muslimische Schule, in unsere katholische gehen viele muslimische Kinder. Das ist nicht wichtig meint er, Hauptsache sie lernen etwas! Wichtiger als die Religion sind der Friede und die Liebe. Und das von einem katholischen Abt! Eines Tages wird sich das Christentum von Afrika aus erneuern, bin ich überzeugt. Abt Christian freut sich sehr, dass sein langjähriger Förderer Architekt Tilman Ott mit seiner Frau Sigrid zur Schuleinweihung gekommen ist. Meine Frau Mareen und mein Sohn Franz sind mir ebenfalls nachgeflogen, um mich bei allen Besuchen der Betriebe zu unterstützen. Die Kinder begrüßen uns in perfektem Englisch. Hier wächst eine Bildungselite heran, die Tansania voranbringen wird. Aber was bedeutet das für unsere Future for Children gemeinnützige GmbH? Wir vereinbaren mit Rita 50 Millionen Jahresunterstützung ihres Defizits, das sind 20.000 Euro. Dazu sollen die Lehrer und Hilfskräfte in eine Krankenversicherung aufgenommen werden und werden noch 15.000 Euro für Erweiterung der Toilettenanlagen gebraucht.
Dann geht es weiter nach Bupu zu unseren neuen Dispensary. 2.200 Patienten wurden seit Januar dort behandelt, täglich finden Geburten statt. Und doch kommt uns das Gebäude seltsam leer vor. Sr. Doreen, die Oberin des Dada Wadogo Ordens, die aus Dar Es Salaam angereist ist und Schwester Bernadetta, die Bupu leitet, erklären uns, dass hier die Menschen noch ärmer sind als in Kilimahewa. „Sie haben erst wieder Geld für medizinische Behandlungen, wenn die Erntezeit im Dezember kommt. Dann verkaufen sie ihre Ananas, Bananen, Maniok, Süßkartoffeln und bekommen Geld.“ Dann wird Bupu wieder überfüllt sein, weil sie ihre Kinder genauso lieben wie wir und sie dann ihr Geld für medizinische Behandlung ausgeben. Dieses Geld oder Tod erschüttert mich immer wieder. Bernadetta hat eine lange Wunschliste: Staffhouse, einen Arzt, einen Operationsraum, alle möglichen medizinischen Geräte.
Wir würden gerne helfen, aber alles auf einmal geht nicht. Deshalb vereinbaren wir das jährliche Defizit mit 10.000 Euro zu übernehmen und 20.000 Euro für die dringendsten Investitionen zu bezahlen. Dankbar ist Bernadetta für das gespendete Wärmebettchen und das gebrauchte Ultraschallgerät aus Deutschland. Hier muss ich leider erklären, warum gebrauchte Geräte aus Deutschland nur in Ausnahmefällen einen Sinn machen: Wir hatten das Ultraschallgerät von einem Arzt gespendet bekommen. Nachdem derzeit keine Schiffsladung zu bekommen ist, mussten wir es mit Schenker per Luftfracht verschicken. 1.200 Euro. Dann lagerte es vier Wochen am Flughafen München, weil es so lange dauerte bis die tansanischen Behörden die Einfuhr erlaubten. Mit Zollgebühren zusammen 3.766 Euro. Für tausend Euro mehr können wir in Dar chinesische neue Geräte kaufen. Die Spender wollen das Allerbeste, aber leider vernichtet die Praxis meist den guten Willen.
Wir bekommen auch Spielzeug, Kleidung, Schultafeln, Schulmöbel angeboten. Ich antworte immer, liebe Leute, veranstaltet einen Basar oder eine Versteigerung und gebt uns den Erlös! Geld hilft
immer, Sachspenden leider kaum.
Und dann kam der Anruf der Schulleiterin von Mkuchembe. Dort hatte Markus Klassenräume gebaut und einen Tiefbrunnen gebohrt, der zehn Jahre gutes Wasser lieferte. Sie habe kein Wasser mehr. Eine Reinigungsfirma, die das Bohrloch spülen sollte, habe mit falschem Druck gearbeitet, dabei die Bürsteneinheit verloren und die blockiere jetzt das Rohr in 120 m Tiefe. Weil sie verzweifelt klang, fuhren wir sofort hin und nahmen unsere Handwerker mit Werkzeug und langen Seilen mit. Nach zwei Stunden geben sie auf, der Brunnen ist verloren. Jetzt hilft nur einen neuen bohren. Wir hatten gute Erfahrungen gemacht mit einer Firma, die bei unserem neuen Rathaus in Kilimahewa erfolgreich einen Brunnen gebohrt hatte. Für zehn Millionen in bar (4.000 Euro) verspricht der Chef schon morgen anzufangen. Zwei Tage später schließt er das neue Bohrloch an den bisherigen Wasserturm an und 240 Schüler und 5 Lehrer sind happy! Jetzt steht plötzlich der oberste Imam von Kilimahewa auf der Matte und bittet inständig um einen Brunnen an der zentralen Moschee. Auch Markus denkt wie sein Abt Christian: Der Friede und die Liebe sind am Wichtigsten. Unser Brunnenbohrer reibt sich die Hände, wieder zehn Millionen und auf geht’s! Eine Delegation der Muslime kommt drei Tage später zu Markus zum Bedanken!
Das
Wasserthema lässt uns nicht mehr los. Seit das Internat so voll belegt ist, muss man eine andere Quelle nutzen. Das Wasser ist nicht trinkbar, weil es so salzhaltig ist. Beim Duschen bekommen die
Kinder einen Ausschlag. Hilft alles nichts, der Brunnenbohrer muss her. Diesmal muss er sich für seine 4.000 Euro voll verausgaben. 120 m und noch immer kein Erfolg. Er bohrt mit seinen letzten
Rohrverlängerungen immer tiefer und plötzlich schießt aus 136 m Tiefe frisches süßes Wasser. Der Jubel ist unvorstellbar.
Und
jetzt zum Schluss noch eine Episode aus Kisegese. Fünf Tage sind es noch bis zur Kircheneinweihung. Ich bitte Erzbischof Thadaeus Ruwaichi aus Dar Es Salaam bei seiner Predigt für unser Wasser
aus dem Glockenturm zu werben. Zu meinem großen Erstaunen steht nicht das ganze Dorf Schlange um frisches Wasser zu bekommen, sondern sie schöpfen weiter das schwarze aus Tümpeln. Priester Tito
erklärt das damit, dass die überwiegend muslimische Bevölkerung glaubt, wenn sie dieses Wasser trinken, sind sie automatisch katholisch geworden.
Ich bringe dem Pfarrgemeinderat ein Piano für den Chor und nutze die Gelegenheit zu fragen, was man gegen diesen Aberglauben tun kann. Schallendes Gelächter. Nein, nein, das ist nicht der Grund.
Alle Muslime hätten das Wasser getrunken und sich erbrochen, weil es Salzwasser ist! Ich bin am Boden zerstört. Die größte Blamage meiner Zeit in Afrika und niemand hat mir das gesagt. Jetzt kann
nur noch mein Freund Bakari der Brunnenbohrer helfen. Er kommt sofort und führt mich zu einem riesigen Termitenhügel unweit der Kirche. „Wo Termiten, da Wasser gut!“ Wieder wechseln zehn
Millionen den Eigentümer und zwei Tage später bringt er uns auf die Terrasse des Thomashauses in Kilimahewa eine Plastikflasche mit trübem aber hellem Wasser und fordert zum Probieren auf. Meine
Frau verweigert, ich nehme todesmutig einen kräftigen Schluck: Wunderbar, überhaupt kein Salz! Wir sind gerettet. Gestern hat mich unser Assistent Miraji informiert, dass er mehr Geld für Diesel
braucht. Der 10.000 Liter Tank ist alle paar Tage leer und der Generator muss ihn ständig neu befüllen, das ganze Dorf steht Schlange!
Und dann die Kircheneinweihung mit Erzbischof, Abt und zwölf Priestern. Das ganze Dorf ist da und mir kommen mehrmals die Tränen. Ich schließe mit dem Satz des Ortsvorstehers Theodanus, der so gut passt zu eurer ständigen und großherzigen Unterstützung: „Das ganze Dorf ist heute hier, Moslems wie Christen. Die Stämme Makonde, Sukuma und Masai sind hier, die ich sonst nur schwer zusammenbringe. Die Menschen glauben, dass sie heute einen Tag im Paradies verbringen dürfen. Gott zeigt ihnen heute das Paradies. Wir dürfen soviel essen wie wir wollen. Wir haben frisches, gutes Wasser. Wir singen und tanzen im Gottesdienst. Für uns beginnt eine neue Zeit. Ihr habt uns nicht vergessen. Wir sind so glücklich!“
Und
jetzt noch eine Empfehlung für hervorragenden tansanischen Hochlandkaffee:
Lunji Kaffee
Hallo aus Mbeya, wir sind eine niederbayrisch-tansanische Familie, die seit knapp 30 Jahren Kaffee im Südwesten Tansanias anbaut. Und weißt du, wir lieben Kaffee vom Anbau bis in die
Tasse – aber es geht in so vielerlei Hinsicht darüber hinaus...
Wahrscheinlich geht es dir genauso wie uns, dass du deine Tasse Kaffee am Morgen nicht missen willst. Nur der vom Weltmarkt geplagte Kaffeeanbau wird leider auf der ganzen Welt immer mehr eine
Herausforderung, deswegen hören viele Kaffeebauern mit dem Kaffeeanbau auf...Und genau aus diesem Grund bedeutet unsere Tasse Kaffee am Morgen so so vieles mehr.
Lass es mich kurz erklären, was es damit auf sich hat. Das Klima ändert sich, die Kosten steigen, der Krankheitsdruck wird höher, die Erträge sinken – Viele, viele Familien hören mit dem
Kaffeeanbau auf... Für uns ist das sehr traurig zu sehen, denn Kaffee hat das Potential Familien zu ernähren und in der Gegend, wo auch die Farm liegt (Region Mbeya), wird qualitativ sehr
hochwertiger Kaffee angebaut. Und nun wollen viele Familien damit aufhören, weil es sich nicht mehr lohnt?
Kaffee
kann aber Familien ernähren, Kaffee kann die Umwelt schützen, Kaffee kann das Dorf vorwärtsbringen, wenn man einen gewissen Punkt verändert...Nämlich, dass der Mehrwert in den Ursprung des
Kaffees verlegt wird. Deswegen rösten wir nun den Kaffee vor Ort direkt auf der Farm. Mein Mann Paul hat die Röst- und Baristaausbildungen neben seinem Agrarwissenschaftsstudium in Deutschland
absolviert. Durch dieses Know-How können wir, also Du und ich, so vieles vor Ort bewegen.
Der Schritt, die Veredlung des Kaffees in den Ursprung zu verlegen, macht es möglich, dass der dadurch entstehende Mehrwert in den Ursprung gelangt. Und es gibt bereits gute Neuigkeiten! Es ist
unglaublich schön zu sehen, dass sich das Rösten vor Ort schon bemerkbar macht... Natürlich ist es noch ein langer Weg, aber es konnten bereits viel mehr Leute eine Anstellung finden, haben eine
finanzielle Alternative zur illegalen Holzkohleproduktion, die Löhne konnten um 15 % erhöht werden, die Schule wird ausgebaut und vor allem viele unserer Nachbarn, die auch Kaffee anbauen,
finanzieren wieder in ihren Kaffee, denn sie sehen, dass Kaffee wieder eine Zukunft bringen kann...
Ich
könnte noch so vieles darüber erzählen, aber falls du mehr erfahren willst, kannst du gerne auf unserer Webseite www.lunjikaffee.de vorbeischauen oder uns auf den sozialen Medien besuchen (Instagram, Facebook und Youtube). Wir freuen uns auf dich.
Herzliche Grüße aus Tansania
Diana mit Paul und dem gesamten Lunji-Team